Astrid Zand. Die Stadtkäserin. Brandenburg.

Von der PR-Frau zur Stadtkäserin: Astrid Zand und ihre Jersey Hofmolkerei in Brandenburg.
Ein Portrait von Monika Ebert ©Bild©Text.

FEMALE MAKERS: Käseproduktion bei der Statdkäserin: Der Käsebruch wird in Form gebracht.

 

Markt + Käse.

Meine erste Begegnung mit dem Frischkäse von Astrid Zand an einem Berliner Marktstand war Liebe auf den ersten Biss. Eine ganz besonders cremige kulinarische Erinnerung. Was für ein Aroma dieser leicht gelbliche, zarte Käse hatte! Ich wollte mehr wissen über die Frau hinter diesem neu entdeckten Milchprodukt und so erzählte mir Astrid Zand zunächst eine Kurzfassung ihrer Unternehmensgeschichte direkt am Stand. Die war so spannend, dass ich die sympathische Berliner Unternehmerin für die Langfassung im Urstromtal südlich von Berlin besuchte. In Baruth/Mark hat sie in den Räumen einer ehemaligen LPG ihre Käsemanufaktur aufgebaut.
Astrid Zand ist seit einem guten Jahr „Die Stadtkäserin”. Sie stellt ihren Käse aus der reichhaltigen und gut bekömmlichen Milch der Jersey-Kühe für die “Jersey-Hofmolkerei GmbH” her, deren Geschäftsführerin sie ist. Ihr Geschäftspartner, ein benachbarter Landwirt, liefert die Milch und kümmert sich um das Wohl der Kühe. Gegründet wurde die gemeinsame GmbH am 30. Juni 2018, mit der Käserei startete Astrid Zand Ende August des gleichen Jahres – ein noch sehr junges Unternehmen.

 
FEMALE MAKERS: Jersey-Kühe grasen den ganzen Sommer auf der Weide in Baruth/Mark und liefern die hochwertige Milch für den Stadtkäse.

FEMALE MAKERS: Jersey-Kühe grasen den ganzen Sommer auf der Weide in Baruth/Mark und liefern die hochwertige Milch für den Stadtkäse.

 

Auch die Milch macht´s – aber nicht nur.

Helles, rotbraunes Fell, große, dunkle Augen mit einer Art natürlichem Lidstrich – das macht Jersey-Kühe, eine der ältesten Kuhrassen der Welt – zu einem ganz besonders ästhetischen Anblick. Ursprünglich hatte Astrid Zand eine Ziegenherde im Kopf, doch die Jersey-Kühe ihres jetzigen Kompagnons und deren aromatische Milch haben sie schnell überzeugt.

“Bei der Milch bestimmen der Boden und das Klima das Aroma”, sagt Astrid Zand. Auch die Milch hat ihr “Terroir”. Die Kühe der Jersey-Hofmolkerei sind von Frühling bis Herbst auf der Weide. Sie fressen den ganzen Sommer über fast ausschließlich frisches Gras, im Winter vor allem das Wiesenheu der umliegenden Felder. Diese ökologische Tierhaltung mit bestem Futter und die damit verbundene hohe Milchqualität schmeckt man in allen Produkten der Stadtkäserin: in Quark, Joghurt, Sahne und natürlich auch in ihren diversen Frischkäsen. Besondere Weidemilch alleine macht aber noch keinen köstlichen Käse. Astrid Zand hat ihr Handwerk gelernt. Sie ist Absolventin der Molkerei Fachschule in Wangen im Allgäu mit einem Abschluss als Hofkäserin und einer Abschlussarbeit über Schaukäserei. Für das Business mit Produkten von so hoher Manufaktur-Qualität wie den ihren, ist neben einer fundierten Ausbildung und einem hochkarätigen Grundstoff auch das Quantum Leidenschaft entscheidend, wie Astrid Zand bestätigt: „Es braucht die Freude am eigenen Tun, an der handwerklichen Qualität“. Und im Business natürlich die Kompetenz des intensiven Netzwerkens, das sei unerlässlich, sagt sie. Diesbezüglich hat die Stadtkäserin durch ihren früheren Beruf und ihre kommunikative Art klare Vorteile.

 
FEMALE MAKERS: Die Stadtkäserin: Astrid Zand bei der Arbeit mit Käseformen vor dem Befüllen.

FEMALE MAKERS: Die Stadtkäserin: Astrid Zand bei der Arbeit mit Käseformen vor dem Befüllen.

 

Käsen im Alter, oder wie eine Idee doch schneller reift.

Astrid Zand, Jahrgang 1968, war viele Jahre erfolgreiche Pressereferentin der Messe Berlin GmbH. Bei einem Auslandsaufenthalt in Frankreich fand sie bereits während der Studienzeiten zu ihrer ausgeprägten Käseleidenschaft, die sie später zum Käsemachen führte. Sie hatte ihre berufsbegleitende Ausbildung zur Hofkäserin eigentlich mit der Idee im Kopf begonnen, als Rentnerin Ziegenkäse herzustellen.

Zehn Jahre Messe-Business mit (zu) viel Job-Routine, die Lust auf Veränderung und die Liebe zur Käserei haben Astrid Zand dazu bewogen, ihren ursprünglichen „Rentnerinnen-Traum“ wesentlich früher in die Tat umzusetzen – und zwar sofort. Nach ihrem anerkannten Abschluss wurde sie Gründerin und Unternehmerin mit dem Label „Die Stadtkäserin“ – mit großem Erfolg.

 
FEMALE MAKERS: Reine Handarbeit bei der Stadtkäserin Astrid Zand. Die gefüllten Käseformen tropfen ab.

FEMALE MAKERS: Reine Handarbeit bei der Stadtkäserin Astrid Zand. Die gefüllten Käseformen tropfen ab.

 

Support für Gründer*innen in Berlin?
Sehr gut.

Astrid Zand äußert sich sehr positiv über die angebotenen Gründungsunterstützungen und Fördermöglichkeiten in Berlin. Eine Bereicherung war für sie auch die begleitende Unterstützung beim weiteren Aufbau des eigenen Unternehmens – von der mehr als umfangreichen Bürokratie einmal abgesehen. Das sehen nicht alle Gründer*innen so positiv.
Astrid Zand aber hatte über ein Assessment Center ein Coaching während der gesamten Vorgründungsphase erhalten. „Das war echt Klasse ... das ist eine total bunte Truppe gewesen”, sagt Astrid Zand. Neben der Unterstützung durch andere Gründer*innen des Programms hat ihr das Coaching vor allem auch in den betriebswirtschaftlichen Bereichen weitergeholfen. Die Erstellung der dringend notwendigen Businesspläne für Förderanträge und den fundierten Unternehmensaufbau lernte sie erst hier zu. Zudem war Astrid Zand in einem Gründer*innen-Coaching der Berliner Weiberwirtschaft und hatte, wie sie sagt, auch hier das Glück einer guten Gruppe: „Wir haben uns alle zwei Wochen getroffen und dann erzählte jede wirklich nach einem festen Programm, was sie gerade macht und vor welchen Herausforderungen sie steht, und die anderen gaben Feedback und machten Lösungsvorschläge. Das war einfach super und hat mich bis zur Gründung begleitet.”

 
FEMALE MAKERS: Der sahnige Frischkäse der Stadtkäserin mit getrockneten Blüten: Rose, Ringelblume, Kornblume.

FEMALE MAKERS: Der sahnige Frischkäse der Stadtkäserin mit getrockneten Blüten: Rose, Ringelblume, Kornblume.

 

Mitarbeiter*innen in Brandenburg finden? Unmöglich.

„Das habe ich total unterschätzt“, sagt Astrid Zand, als ich nach ihrem Team frage. „Es ist eigentlich unmöglich, Mitarbeiter*innen zu finden“ – vor allem für die einfachen Tätigkeiten wie Verpacken und Etikettieren bräuchte sie dringend Unterstützung in Baruth, um sich auf den weiteren Ausbau des Geschäfts und die Entwicklung neuer Produkte zu konzentrieren. Jetzt hat sie einen professionellen Käser eingestellt und sich dadurch zeitlichen Raum für diese Themen geschaffen. Diesen Käser hat sie über ihr privates Netzwerk gefunden. Bis hierhin hat Astrid Zand fast alles alleine gemacht – Käserei, Vertrieb, Organisation, Geschäftsführung, Akquise. Nur bei der Auslieferung hatte sie Unterstützung durch einen Fahrer.

Noch mehr Stadtkäse.

Für den Anfang setzte Astrid Zand im Vertrieb komplett auf Wiederverkäufer*innen als Kunden*innen, meist kleinere Feinkost-Geschäfte und Käsehändler*innen. “In der Gastronomie wird zu knapp kalkuliert”, meint sie. Die Geschäfte hat sie nach ihren eigenen Vorlieben ausgewählt, darunter z.B. einer der ersten Importeure hochkarätiger französischer Käse, ein Kulthändler der Berliner Food-Szene, „Maître Philippe & Filles“, oder aber „Goldhahn & Sampson“, ein Fachgeschäft für besondere Foodprodukte und Kochbücher mit zwei Filialen in Berlin, je eine im Ost- und Westteil der Stadt. Da sie bis jetzt ihr Business komplett alleine betreut hat, konnte sie manchmal nicht so viel Käse herstellen und distribuieren, wie die Kunden*innen angefragt haben. Mit dem neuen Käser im Team hat sie auch diesbezüglich wieder mehr Spielraum und kann neue Händler*innen in ihren Kunden*innenstamm aufnehmen.
Aktuell gibt es in der Produktpalette der Stadtkäserin neben Frischkäse, Milch, Quark und Joghurt bereits einen gereiften Frischkäse und einen ersten Hartkäse. In Zukunft will Astrid Zand mit dem geplanten Ausbau des Reifekellers u.a. auch einen Jersey-Blauschimmelkäse herstellen.

 
FEMALE MAKERS: Ausbau der Frischkäse im Reifeschrank.

FEMALE MAKERS: Ausbau der Frischkäse im Reifeschrank.

 

Die Krux mit der Nachhaltigkeit.

„Das ist wirklich eine große Herausforderung für kleine Manufakturen“ sagt Astrid Zand zum Thema Nachhaltigkeit, „da es keine guten Lösungen bei den Verpackungen gibt“.  Bisher sind ihre Frischkäse noch in Plastikbechern verpackt. Sie hat sich eingehend über Mehrweggläser informiert. Diese müsste sie zurücknehmen und dann nach strengen Hygienevorschriften säubern. Dazu würde sie nicht nur eine kostenintensive Spülstrecke benötigen, sondern zudem ein Leergutlager. Sowohl die Investitionssumme für die Spülstrecke als auch die laufenden Kosten für die zusätzlichen Räumlichkeiten sind für ein Unternehmen in der Anfangsphase wie das ihre viel zu groß, meint sie. Für ihre circa 600 Liter Jersey-Milch pro Woche nimmt sie zwar Glasverpackungen, aber nicht als Pfandflasche. Einer ihrer nächsten Schritte zu mehr Nachhaltigkeit ist, dass sie aus der Frischkäse-Creme im Plastikbecher Käsetaler formt, die man dann in umweltfreundlicheres Käsepapier verpacken kann. „Das ist ein bisschen mühselig und es sind lauter kleine Schritte, aber das wird dann irgendwann auch“, sagt Astrid Zand über ihre Strategie, mit ihren Möglichkeiten und ihrer Kreativität das ihr sehr wichtige Ziel der Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen weiter zu verfolgen.

Tipps für Gründer*innen
von der Stadtkäserin

„Auf alle Fälle das, was ich gemacht habe: sich ein Netzwerk suchen!“ das rät Astrid Zand allen Gründer*innen an erster Stelle. Trotz dem das Gründen natürlich eine große zeitliche Herausforderung sei und eine sehr arbeitsintensive Phase, würde der Austausch mit anderen alles viel einfacher machen, meint sie. Am besten sei es, mit einem „offenen Geist an die Sache zu gehen und sich keinesfalls zu schnell entmutigen zu lassen, denn es gibt immer irgend etwas, das scheinbar nicht geht, und dann funktioniert es doch irgendwie“, so Astrid Zand. Auch in anderen Branchen nach Lösungen für die eigenen Herausforderungen zu suchen, hält sie für eine gute Strategie, nicht nur in der Gründungsphase.

Die Stadtkäserin empfiehlt:
Zucchini mit Haselnuss + Sahnejoghurt

200 Gramm Zucchini raspeln und kurz in Öl anbraten, salzen, pfeffern, dann abkühlen lassen. 50 Gramm Haselnusskerne hacken und in einer beschichteten Pfanne kurz anrösten. 250 Gramm Sahnejoghurt mit 1/2 Teelöffel Chiliflocken, 1 Teelöffel Schwarzkümmel und Salz würzen. Auf den Zucchini verteilen. Etwas kalt gepresstes Olivenöl und die Haselnüsse darüber verteilen. Mit Pita-Brot servieren.

https://diestadtkaeserin.de/

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Stand Mai 2020: Aktuell geht die Stadtkäserin neue Wege, wir dürfen gespannt bleiben.

Monika Ebert ©Bild©Text